Donnerstag, 19. Januar 2012

Costa Concordia

So, Ulfisschiffsblog darf nun auch nicht länger zu dieser Katastrophe schweigen.
Erstmal natürlich auch von mir Mitgefühl und Anteilnahmen allen Opfer und Angehörigen der Passagiere und Mannschaft.

Leider melden sich ja nun wieder Heerscharen von "Experten" zu Wort. Schon am Samstag hörte ich wie einer meinte, Schiffe müssten doch viel stärker unter Wasser gebaut sein. Das nützt bei den Massen überhaupt nichts. Selbst gepanzerte Kriegsschiffe haben sich die Böden aufgerissen. Mal ganz abgesehen vom Materialeinsatz, Gewicht, Schwerpunkt und vielen anderen Dingen. Das führt gleich zum nächsten Punkt. Man liest, das Schiffe wöge 114.000 Tonnen. Dieser Wert bezieht sich auf die Vermessung, Bruttoraumzahl in Deutschland genannt. Sie beschreibt also den Rauminhalt und nicht das Gewicht. Die Masse des Schiffes ist schwer zu bestimmen, dürfte aber bei einigen 10.000 Tonnen liegen.


Jetzt liest man, Passagiere wären nicht in Rettungsinseln gelassen worden. Ich denke, dies ist einfach damit zu erklären, dass die Mannschaft die Anweisung hat, den Passagieren die Rettungsboote zu überlassen und sich selbst in den Inseln zu retten. Die Inseln sind vom Prinzip her unbequemer und auch gefährlicher als Boote, außerdem kann man sie nur auf dem Wasser besteigen, was einen vorherigen Sprung über Bord erfordert. Auch nicht ganz ohne. Eine Überlegung wert ist, ob die betreffenden Seeleute der Lage angemessen reagiert haben. Besser lebend in einer wackeligen Insel, als ertrunken im Wasser.  Ich denke aber, selbstständiges Denken der niederen Ränge der Mannschaft ist in den meisten Fällen weder gefordert noch erwünscht. Außerdem bekommt die Reederei das Personal, welches sie willens ist zu bezahlen.

Zum Punkt Chaos bei der Evakuierung denke ich, dass ein Verlassen des Schiffes in Notfällen nie ohne eine gewisse Unordnung und Geschreie von statten gehen wird. Eine Rettungsübung bei gutem Wetter, am Tage, mit bester Urlaubslaune, in fester Gewissheit, dass der Fall nie eintritt, ist eine Sache. Im Dunkeln, bei Schlagseite, Ungewissheit eine ganz andere. Außerdem ist das komplette Verlassen eines Schiffs dieser Größe meines Wissens noch nie live geprobt worden.Es gab bislang nur Computersimulationen. Wenn man zynisch ist, kann man sagen, dass die gesamte Branche wohl auf diesen Fall eines Tage gewartet hat. Man hört allerdings auch, dass auf der Costa Concordia bis zum Unglück keine Rettungsübung abgehalten worden war. Wie mir von Reisenden auf dem Schwesterschiff Costa Pacifica berichtet wurde, ist die Übung dort schon im Hafen erfolgt. Eine gute Entscheidung.

Was mich am meisten wundert ist, warum das Schiff nicht über die beschädigte Seite gekentert ist. Man sieht ja ganz deutlich den Riss und sogar ein Stück Fels auf der trocken Seite der Bordwand. Vermutlich hat das mit dem überaus hohen Aufbauten der heutigen Kreuzfahrtschiffe zu tun. Der Schwerpunkt ist schon im Normalzustand sehr eng begrenzt. Ändert sich an seiner Lage nur unwesendlich etwas, wird das ganze Schiff so instabil, dass es kippt. Ein Punkt den man bei zukünftigen Schiffen mehr ins Auge fassen sollte. Den Werften kann man keinen Vorwurf machen, sie können nur bauen, was die Physik hergibt. Von den Betreibern werden allerdings Schiffe mit immer mehr Kabinen gefordert, um einen kostengünstigen Betrieb zu erlauben.

So gesehen passt dann auch wieder der eigentlich absurde Vergleich mit der Titanic: Menschliche Hybris führt zu Situation, die nicht mehr beherrschbar sind und letztlich tötliche Folgen haben.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen